Fürstlich wohnen und arbeiten im Palaisviertel

„Wohnst Du noch oder residierst du schon?“, eine Frage, die im 1. Bezirk fast obsolet erscheint, schließlich wurden von den 1.539 Gebäuden drei Viertel vor 1919 erbaut. In einer Zeit, in der der soziale Status der Hausbesitzerinnen und –besitzer sich in prunkvoll gestalteten Fassaden widerspiegelte, das Familienwappen stolz an selbiger angebracht wurde und der Wohnraum viel mehr Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens war.

Palais damals

Das Palaisviertel trägt seinen Namen nicht von ungefähr. Als Palais bezeichnete man einen unbefestigten, in der Stadt gelegenen Adelswohnsitz. Und mit diesem Wissen wundert es die staunenden Betrachterinnen und Betrachter, die im Schritt- oder Fiakerfahrttempo, den Blick abwechselnd nach links und rechts gerichtet, im Palaisviertel entlang flanieren und kutschieren, nicht weiter, dass sich zahlreiche Wiener Palais in konzentrischen Kreisen um die Hofburg befinden. Hier – und dabei legen wir uns bewusst nicht fest, ob „hier“ die Hofburg oder die Palais bezeichnet – fand das pulsierende gesellschaftliche Leben des Adels, von Würden- und Entscheidungstragendenden statt. Hier wurden politisch weitreichende Entscheidungen gefällt, Familienbande gefestigt, Kunstschaffenden eine Plattform geboten, Empfänge abgehalten und in den Salons philosophiert.

image
© Veronika Fischer
Zwei Atlanten tragen das Portal das Palais Daun-Kinsky. Im Haus, das hier vor dem Palais stand, erblickte Maria Theresias Kanzler – Wenzel Anton Reichsfürst (ab 1764, davor Graf) Kaunitz-Rietberg – das Licht der Welt. Buchtipp: Details wie diese kann man im kurzweiligen Buch von Johann Szegő „Von Palais zu Palais: Wiener Stadterkundungen“ nachlesen und wie der Zufall es will, befindet sich die Verlagsbuchhandlung des Metroverlags, in dem das Buch erschienen ist, im Looshaus in der Herrengasse 2.


Palais heute
Heute sind viele der vormaligen Adelswohnsitze im Besitz der Republik Österreich oder von Immobiliengesellschaften. Besonders im ersten Fall haben sie sich damit vielfach den Status, ein Haus, in dem weitreichende Entscheidungen getroffen werden, erhalten. Im Palais Modena in der Herrengasse 7 befindet sich beispielsweise das Innenministerium. Im Palais Caprara-Geymüller in der Wallnerstraße 8 ist die Wiener Börse untergebracht. Im Palais Mollard-Clary in der Herrengasse 9 kann man das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek sowie das Esperantomuseum besuchen. Eine Inschrift auf der Fassade des Palais Wilczek in der Herrengasse 5 erinnert daran, dass hier die Schriftsteller Franz Grillparzer und Joseph von Eichendorff wohnten. Heute ist das Palais Wilczek die Drehscheibe für so manches Kunstobjekt, das über das renommierte Auktionshaus Sotheby’s die Sammlung wechselt.

image
© Veronika Fischer

Wie eine Perlenkette reihen sich in der Herrengasse die ehemaligen Adelswohnsitze aneinander. Heute sind in vielen der Palais Ministerien, öffentliche Organisationen oder Museen untergebracht.


Von „Enchanté, entrez-vous“ bis „Servus, komm rein“
Neben den beiden bereits erwähnten Schriftstellern wohnten beispielsweise auch die Komponisten W. A. Mozart und Ludwig van Beethoven an mehreren Palaisviertler Adressen. Auch Franz Schubert verkehrte im Palaisviertel – immer wieder kam er bei seinem Freund Franz von Schober als Gast oder Untermieter unter – bekannte Adressen sind Tuchlauben 14 und 20. In der Seitzergasse befand sich das Haus Peter Suchenwirts, einem Dichter, besonders durch seine Erzählung „Von Herzog Albrechts Ritterschaft“ an Bedeutung erlangte – gemeint ist Herzog Albrecht III. von Österreich, den der Dichter im Jahr 1377 bei seinem Kriegszug nach Preußen begleitete. Wenngleich sein Aufenthalt nur einen Monat lang dauerte, erinnert eine Gedenktafel in der Naglergasse 8 daran, dass der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen hier wohnte. Pures Leben wartete im Palaisviertel … und das tut es auch heute noch!


Gut zu wissen
Wenn man übers Wohnen und Arbeiten im Palaisviertel referiert, sollte man auch keinesfalls vergessen zu erwähnen, dass sich der Hof der Babenberger ursprünglich nicht in der Hofburg, sondern davor – zwischen 1155 und bis zirka 1275 – Am Hof (daher auch der Name) befand. Wo heute die Zentralfeuerwache untergebracht ist, erinnern zahlreiche kleine und markante Hinweise an die gewichtige Bedeutung dieses Platzes.

image
© Veronika Fischer

Um 1155/56 verlegte der Babenberger Heinrich Jasomirgott seine Residenz von Klosterneuburg nach Wien an den Platz, der heute Am Hof heißt.


Top-Adressen rund um Immobilien, Wohnen und Einrichten
Neben Mode und Gastronomie ist das Thema Immobilien, Wohnen und Einrichten ein omnipräsentes in den wunderschönen Gassen des Palaisviertels. Egal ob Palais, schlichtes Stadthaus oder Übergangsdomizil in einem der Hotels des Viertels: hier darf man sich fürstlich betten – schließlich liegt (und lebt) man dann auch so.

Der vermutlich älteste Name im Palaisviertel in diesem Zusammenhang ist Gunkel in der Tuchlauben 11, Fachgeschäft für exklusive Bett-, Bad- und Tischwäsche sowie Accessoires. Die Wurzeln des Unternehmens gehen bis ins Jahr 1796 zurück, als der Vater von Joseph Gunkel ein Weißwaren- und Leinengeschäft gründete. Die Erfindung der Double-Röcke und die Einführung der englischen Fracks machten das in eine Modeschneiderei umwandelte Haus Gunkel zu einer modebeeinflussenden Größe im Biedermeier. (vgl. Czeike, Felix (2004): Historisches Lexikon. Band 2. S. 639)

Wer sich hier ein gemütliches Zuhause oder ein respektables Office einrichten möchte, findet in den Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungsunternehmen im Palaisviertel zuverlässige Partnerinnen und Partner für ein geschmackvolles Wohn- und Arbeitsflair.

image
© Veronika Fischer

Auch wenn die Füße gut geerdet am Boden der Tatsachen stehen, dürfen wir uns bis in die obersten Etagen mit Blick über das wunderschöne Palaisviertel träumen.



Fürstlich wohnen auf Zeit
Park Hyatt Vienna, Am Hof 2
Boutique-Hotel DAS TIGRA, Tiefer Graben 14-20


Einrichten
A&M Weissenbeck GmbH (Gunkel), Tuchlauben 11
bon ton Der Salon für moderne Keramik, Naglergasse 17
Einwaller & Partner, Palais Ferstel, Freyung 3
GARPA Garten & Park Einrichtungen, Schulhof 6
Klomfar, Naglergasse 25
Kranner Joseph & Söhne, Bognergasse 9
Kokoo Lifestyle, Palais Schönborn, Renngasse 4
Lederleitner Home, Tuchlaubenhof 7a
Ma-Maison, Am Hof 13
Manufactum, Am Hof 3-4
prodomoWindows, Naglergasse 29
Treichl Marie-Therese Interior Design, Schulhof 4


Immobilien
Bop Immoholding AG, Tuchlauben 7/4a
Signa Real Estate Management GmbH, Palais Harrach, Freyung 3/1
Amisola Immobilien AG, Palais Kinsky, Freyung 4/15
Estrella Immobilien Invest AG, Palais Kinsky, Freyung 4/15
HIT Hechtl Immobilien Treuhand und Consulting, Naglergasse 29-31



Kunst & Antiquitäten
Antiquitäten & Kunst, Palais Ferstel, Freyung 8
Galerie Rudolf Budja, Palais Kinsky, Freyung 4
Orientteppiche Galerie Ülbin Aydin, Naglergasse 15
Kunsthandel SRNA, Naglergasse 1
Kunsthandel Werner Zöchling, Strauchgasse 1-3


Strom & Gas
Verbund, Am Hof 6a


Noch mehr Infos zum Palaisviertel gibt es in den Blogbeiträgen rund um Mode, Gastronomie und Alltags-Essentials.

Lesetipps
Für einen Überblick zum Thema Palais
burgen-austria.com: Die Wiener Palais (Stand: 24.08.2002, abgerufen am: 18.08.2021)

Für Details zu einer Auswahl an Palais, toll zum Mitnehmen für Spaziergänge.


Szegő, Johann (2018): Von Palais zu Palais: Wiener Stadterkundungen. Metroverlag
PS: Wie der Zufall es will, befindet sich die Verlagsbuchhandlung im Looshaus in der Herrengasse 2.


© Text & Fotos: Veronika Fischer

facebook twitter pinterest mail