Wiener Einkaufsgebiete früher , 1. Bezirk

Der Graben

„Dieses Wien darf man nicht besuchen, es will erkundet werden“, das weiß auch der österreichische Kabarettist Michael A. Mohapp. Ein Gebiet im 1. Gemeindebezirk, das besonders erkundenswert ist, ist der Wiener Graben, wo Tradition und Moderne wie kaum sonst wo Hand in Hand gehen. Sowohl aus architektonischer Sicht als auch in Anbetracht der Vielfalt seiner ansässigen Geschäfte.

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Woher der Graben seinen Namen hat …

Habt ihr euch schon einmal gefragt, warum der Graben Graben heißt, obwohl er doch gar nichts mit einem Graben zu tun hat? Die Antwort auf diese Frage ist so simpel wie interessant. Seine Entstehung geht schon auf das alte Römerlager Vindobona zurück. Einst befand sich dort, wo sich heute der Graben vollstreckt eine Mauer, die die südwestliche Umwallung des Kastells bildete. Direkt vor dieser Mauer befand sich ein Graben. Erst im 12. Jahrhundert wurde dieser Graben im Zuge der babenbergerischen Stadterweiterung zugeschüttet. Der Graben war physisch also weg, sein Name blieb jedoch erhalten – bis heute.

Luxuriöse Einkaufs- und Flaniermeile

Schon 1395 wurde der Graben erstmals urkundlich als Marktplatz erwähnt. Damals wurde dort vor mit allem Obst, Gemüse, Brot, Fleisch und Blumen gehandelt. Dies ist heute längst nicht mehr so. Nur mehr der Feinkosttempel Meinl am Graben erinnert noch an den Tummelplatz für exquisite Lebensmittel – auf einem Niveau, das Feinschmeckerherzen höher schlagen lässt. Unweit davon entfernt ist das Ankerhaus, das bis 1473 nur mit „das Stecknhaus“ tituliert wurde und zwischenzeitlich viele Besitzer beherbergte – unter anderem die Anker Gesellschaft für Versicherungen, die ihm schließlich seinen Namen verlieh. Entworfen von Otto Wagner (der sich dort sogar ein eigenes Atelier eingerichtet hatte), gilt es als eines der schönsten Gebäude am Graben, wenngleich ihm seine Nachbarn in nichts nachstehen. Sie beherbergten früher und auch heute einige der renommiertesten Geschäfte für Textilien und Schmuck – etwa das Wiener Traditionsunternehmen E. Braun & Co., das bis zum „Anschluss“ familiengeführt war. Heute erinnert nur mehr die denkmalgeschützte Filiale, deren Inventar noch aus der Gründerzeit stammt, an den k.u.k. Hoflieferanten, bei dem sogar Richard Strauss, Alma Mahler und Fritz Wotruba ein- und ausgingen.

Ebenfalls vom Kaiser zu Hoflieferanten ausgezeichnet wurden einst unter anderem auch der Porzellanhandel von Albin Denk, das Wäschegeschäft Zur Schwäbischen Jungfrau und der Juwelier Anton Heldwein. Sie alle haben heute noch ihren Sitz am Graben.

Das „Wahrzeichen“ der Prachtstraße ist jedoch die 19 Meter hohe Pestsäule inmitten des regen Treibens. Sie wurde als Erinnerung an die 1679 in Wien wütende Pestepidemie errichtet und erzählt das Geschehen einer Zeit, in der am Graben noch wenig von seiner heutigen Pracht zu spüren war.

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Bildquellen: ÖNB (www.bildarchivaustria.at), ÖNB/Pichler, WStLA/Reiffenstein

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